Akupunktur

Woher stammt die Akupunktur und was ist der Hintergrund der Therapie mit Nadeln?

Die Akupunktur beschreibt eine lange Historie und gehört zu den ältesten Heilmethoden der Welt. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung der Akupunktur und Moxibustion  stammt aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus (chinesisch 針灸, Pinyin zhēn jiǔ – „Akupunktur und Moxibustion“).

Die Akupunktur als Teil der „Traditionellen Chinesischen Medizin“ (TCM) sieht den menschlichen Körper als komplex interagierendes System mit der Überzeugung, dass Lebensenergien auf bestimmten Bahnen (Meridiane) den Körper durchströmen und so alle körperlichen und auch seelischen Prozesse des Menschen steuern und beeinflussen können. Aus einer Störung dieses Energieflusses können verschiedene Erkrankungen der Organe und des muskuloskelettalen Systems resultieren. Ziel der Akupunktur ist es, diese Blockaden der Meridiane durch Nadelung spezifischer Punkte auf der Hautoberfläche zu lösen und den lebensnotwendigen Energiefluss („Qi“) so aufrecht erhalten und leiten zu können, dass akute und chronische Erkrankungen therapiert und krankheitsspezifische Risikofaktoren vermieden werden.

Auf 14 Meridianen des Körpers liegen mehr als 360 Akupunkturpunkte, die in der westlichen Medizin ihr Korrelat in Durchtrittspunkten von Nerven und Gefäßen finden. In der chinesischen Krankheitslehre werden Erkrankungen nach der 5-Element-Theorie eingeteilt (Erde, Holz, Feuer, Wasser, Metall). Abhängig vom individuellen Krankheitsmuster ergibt sich eine Kombination aus Akupunkturpunkten, die den Fluss des Qi positiv beeinflussen und die einzelnen Elemente unterstützen oder hemmen können.

In der westlichen, wissenschaftlich geprägten Medizin werden die therapeutischen Effekte der Akupunktur primär durch die im Rückenmark und Gehirn freigesetzten körpereigenen Opiate (Endorphin, Serotonin) erklärt. Konsekutiv kommt es zu einer selbstinduzierten Schmerzlinderung und anti- entzündlichen Reaktion des eigenen Körpers – ein Heilerfolg, der sonst nur mit Medikamenten erzielt wird.

Wo findet die Akupunktur Anwendung in der Orthopädie und Unfallchirurgie?

Im Fachbereich der Orthopädie und auch Unfallchirurgie wird die Akupunktur häufig bei akuten und chronisch therapieresistenten Rücken- und Nackenschmerzen mit begleitenden Kopfschmerzen (z.B. Migräne, Tinnitus) angewendet. Sportverletzungen im Sinne von Sehnenüberlastungen (z.B. Tennis-/ Golferarm, Kalkschulter, Achillodynie), als auch die Arthrose des Hüft- und Kniegelenks zeigen hervorragende Therapieergebnisse im Rahmen der Akupunkturanwendung. Zusätzlich ist die Akupunktur ein wichtiger Baustein in der Therapie von allgemeinen Erschöpfungssyndromen und diversen Allergien.

Wissenschaftliche Grundlagen der Akupunktur – wie wirkt die Akupunktur?

Die therapeutische Wirkung wird primär durch stimulierende Reize der Nadeln im Gehirn erklärt, die zu  einer vermehrten Ausschüttung schmerzlindernder und stimmungsaufhellender Substanzen führt. Dazu gehören das Hormon Serotonin und körpereigene Endorphine. Mit modernen bildgebenden  Verfahren wie der funktionellen Kernspintomografie konnten Veränderungen der Stoffwechselaktivität im Gehirn während und auch nach der Akupunkturanwendung eindeutig dargestellt werden. Die Akupunktur wirkt grundsätzlich über neurale und neurohumorale Mechanismen, die den gesamten Körper erfassen und so positive systemische Effekte auslösen.

Folgende wissenschaftliche Theorien werden zur Erklärung der Akupunkturwirkung aufgestellt:

Gate-Control-Theorie

Die Gate-Control-Theorie betrachtet das Rückenmark als eine Art „Kontrollschranke“ in Form eines neurologischen Tores, das aus der Peripherie stammende Schmerzreize auf dem Weg zum Gehirn passieren oder aufhalten kann. Schmerzsignale, die über feine, marklose Nervenfasern der Organe zum Gehirn aufsteigen, führen zu einer Öffnung des Tores und konsekutiver Wahrnehmung des Schmerzreizes. Die Stimulation dicker, schnell leitender bemarkter Nervenfasern führt zu einem Verschluss des Gates und somit zu einer Hemmung der Weiterleitung des Schmerzreizes an das Gehirn. Neurologisch betrachtet werden nach der Gate- Control-Theorie äußere und innere Schmerzreize von Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) in Haut, Muskeln, Gelenken und inneren Organen aufgenommen und  im Hinterhorn des Rückenmarks auf das zweite Neuron der Schmerzbahn verschaltet. Diese Verschaltung unterliegt einer sehr starken Modulation durch andere Neurone. Die Gate-Control-Theorie besagt, dass die durch Akupunktur induzierte Schmerzreize genau auf dieser Rückenmarksebene zu einer Blockade der Reizweiterleitung führen, da hier konvergierende Neurone in ihrer Aktivität gehemmt werden und so die Wahrnehmung durch das Gehirn moduliert und beeinflusst wird.

Deszendierende Hemmung

Die deszendierende (absteigende) Hemmung beschreibt das wissenschaftlich nachgewiesene Phänomen der Schmerzhemmung durch zentral im Mittelhirn ausgeschütteter Endorphine. Durch Stimulation spezifischer peripherer Akupunkturpunkte kommt es neben der Endorphinausschüttung zusätzlich zu einer Steigerung der Konzentration des Hormons Serotonin. Diese Transmitter (Botenstoffe) aktivieren vom Gehirn ausgehende absteigende (deszendierende) Nervenfasern, die auf spinaler Ebene den projizierten Organ- und Gelenkschmerz hemmen können („deszendierende Hemmung“).

Weitere Wirkungen der Akupunktur:

Durch die Stimulation des Gewebes durch die Akupunkturnadeln lassen sich deutliche sympatikolytische Effekte nachweisen, die sowohl zu einer Verbesserung der lokalen Durchblutung als auch zusätzlich zu einer positiven Schmerzmodulation führen.

Durch die neuroanatomische Forschung konnten Hautareale (Dermatome) nachgewiesen werden, die eine unmittelbare nervale Verbindung zu bestimmten inneren Organen aufweisen. Diese als Head-Zonen“ bezeichneten Hautareale können somit als Projektionsfläche der inneren Organe angesehen werden. Durch diesen Zusammenhang von Organen und Hautoberfläche (viscero- cutan) können  Erkrankungen eines inneren Organs zu Schmerzen im korrespondierenden Hautgebiet führen.

Umgekehrt kann auf diesem Wege die Akupunktur durch spezifische Reize der Haut in diesen Arealen positiven Einfluss auf die entsprechende Organfunktion nehmen und so die organische Erkrankung reflektorisch therapieren.

Akupunktur bewirkt eine Tonusveränderung eines Muskels und eine gleichsinnige Mitreaktion aller Muskeln der betroffenen kinetischen Kette. Dadurch hat die Akupunktur einen zusätzlich muskelentspannenden Effekt, der in der Therapie von Myogelosen eine wichtige Rolle spielt.

Über komplexe immunmodulative Prozesse hat die Akupunktur einen großen Einfluss auf die Immunantwort des Körpers und kann diese steigern oder hemmen (Zu- oder Abnahme von IgE (Antikörper) und Eosinophilen- Blutzellen). Entsprechende Wirkungen spielen insbesondere in der Therapie von multifaktoriell bedingten Allergien und akuten Infektionen eine wichtige Rolle

Kostenübernhame der Akupunktur

Die Kosten für eine Akupunkturbehandlung werden durch die gesetzliche Krankenkasse bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule oder bei Kniegelenksarthrose übernommen, wenn die Schmerzen seit mindestens sechs Monaten bestehen.

Patienten haben Anspruch auf bis zu zehn Akupunktursitzungen pro Krankheitsfall innerhalb von maximal sechs Wochen.

Neben allen orthopädischen Krankheitsbildern bieten wir die Akupunktur auch im Rahmen von Allergien und der Migränetherapie an. Entsprechend ist dies eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). Private Krankenkassen übernehmen auch hier meist die Kosten.

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